1. Welchen Fokus/Schwerpunkt haben Sie im Bereich chemische Energiespeicher?
Ich befasse mich mit onboard- und cloud-basierter Batterieanalytiksoftware in Form von digitalen Zwillingen. Dies umfasst sowohl die elektrisch-thermische Modellierung von Batteriesystemen als auch deren Alterungsverhalten und Parameterbestimmung.
2. Welche Lösung(en) bietet Ihre Organisation in diesem Bereich an bzw. welche sucht sie?
Die TWAICE Technologies GmbH entwickelt Onboard und Cloud-Software, um den Zustand und die Belastung von Lithium-Ionen Batteriesystemen im Feld detailliert zu erfassen und darauf aufbauend eine Lebensdauerprädiktion und -Optimierung durchzuführen. Der potentielle Kundennutzen erstreckt sich dabei entlang des gesamten Batterielebenszyklus, von der Entwicklung und Produktion über die Nutzung bis hin zum Aftermarket. Ja nach Kundenanforderungen können beide Software-Stacks in proprietären oder kundeneigenen Telematikmodulen bzw. Cloud-Plattformen umgesetzt werden.
3. Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für chemische Energiespeicher in den nächsten 5 Jahren?
Eines der bestimmenden Themen wird mit Sicherheit der Umgang bzw. nach Möglichkeit die Verringerung von Seltenerden und anderen wertvollen Ressourcen in Lithium-Ionen-Zellen der nächsten Generation sein. Steigende Preise durch Ressourcenverknappung und strategischen Abhängigkeiten werden dieses Thema unumgänglich machen. Damit einher geht die Verbesserung von Recyclingprozessen, um wichtige Rohstoffe zurück zu gewinnen.
4. Was macht Deutschland im Bereich chemische Energiespeicher richtig?
In den letzten Jahren wurde die Forschungslandschaft sehr gut ausgebaut, was zu einem nachhaltigen Wissensvorsprung führen kann. Auch in der Industrie wurden viele Ressourcen in die Batteriesystemtechnik gesteckt, mit entsprechend positiven Outcome. Leider wurde bzw. wird das Thema einer eigenen Zellproduktion immer noch sehr stiefmütterlich behandelt. Auf lange Sicht kann dadurch ein entscheidender Anteil der Wertschöpfungskette verloren gehen und es können kritische Abhängigkeiten entstehen.
5. Was könnte man besser machen?
Das Thema Elektromobilität und erneuerbare Energien und deren Zwischenspeicherung mit chemischen Energiespeichern muss noch ganzheitlicher gedacht werden. Die Energiespeicher bspw. von Elektrofahrzeugen als größter Asset des Fahrzeugs werden momentan – sobald produziert und ausgeliefert – im Feld mehr oder weniger sich selbst überlassen. Ein immer noch unzureichendes Verständnis des Alterungsverhaltens sowie Fehler in der Systemauslegung können dann dazu führen, dass die Batterien in der Anwendung vorschnell altern und der Business-Case Elektrofahrzeug nicht aufgeht, von der ökologischen Sinnhaftigkeit ganz abgesehen. TWAICE adressiert genau dieses Problem mit dem Konzept des digitalen Zwillings, welches Anwendung entlang des gesamten Produktlebenszyklus findet, von der Produktion über die Nutzung bis hin zu einer Zweitnutzung und dem Recycling.
6. Der Batteriestammtisch
…schafft in angenehmer und lockerer Atmosphäre einen Brückenschlag und Austausch zwischen Industrie und Forschung, Technik und Wirtschaft und etablierten Firmen und Start-Ups und trägt damit erheblich zur Entwicklung des „Batteriestandorts“ München bei.
Dipl.-Ing. Michael Baumann
August 2018